Was ist emotionales Essen - und warum betrifft es fast uns alle?
- Ebba Wagner
- 26. Juni
- 2 Min. Lesezeit
„Ich wusste gar nicht, dass ich gegessen habe – bis die Packung leer war.“
Solche Sätze höre ich in meiner Ernährungspraxis regelmäßig. Dahinter steckt ein weit verbreitetes Phänomen: emotionales Essen – also das Essen aus Gefühlen heraus, nicht aus körperlichem Hunger.
Das Erkennen und Verstehen dieses Musters ist der erste Schritt zur Veränderung. In dieser Blogreihe möchte ich dich einladen, dein Essverhalten aus einem neuen, wertschätzenden Blickwinkel zu betrachten – wissenschaftlich fundiert, aber alltagsnah und mitfühlend.

🍽️ Was ist emotionales Essen?
Der Begriff bezeichnet die Aufnahme von Nahrung als Reaktion auf Gefühle – etwa Stress, Frust, Traurigkeit, Einsamkeit, Langeweile oder auch Überforderung. Dabei steht nicht der körperliche Hunger im Vordergrund, sondern der Versuch, mit einer Emotion umzugehen oder sie zu regulieren.
📖 Definition (nach Macht, 2008):
„Emotionales Essen bezeichnet die Tendenz, in belastenden emotionalen Zuständen mehr zu essen, insbesondere kalorienreiche oder palatable Lebensmittel.“
Beispiele aus dem Alltag:
Du belohnst dich nach einem anstrengenden Tag mit Schokolade.
Du isst automatisch beim Fernsehen – obwohl du satt bist.
Du greifst zu Chips, wenn du dich allein fühlst.
Diese Situationen sind nicht „falsch“ oder „willensschwach“. Sie zeigen, dass Essen emotional verknüpft ist – ein Schutzmechanismus, der in bestimmten Momenten kurzfristig beruhigt.
🧠 Was passiert im Körper?
Essen aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn – insbesondere durch Zucker, Fett und Salz.
👉 Dopamin und Serotonin werden ausgeschüttet, Stresshormone wie Cortisol sinken kurzfristig.
In akuten Stresssituationen signalisiert der Körper: „Ich brauche Stabilität.“
Und Essen ist ein schneller, erlernter Weg – mit messbarer Wirkung auf das emotionale Erleben (vgl. Evers et al., 2010).
Doch: Der Effekt ist nur kurzfristig.
Langfristig verstärkt sich oft das Gefühl von Kontrollverlust, Scham oder Frustration – was das emotionale Essen erneut triggert. Ein Kreislauf entsteht.
🔍 Ist das schon eine Essstörung?
Nicht unbedingt. Emotionales Essen ist nicht automatisch pathologisch. Es wird problematisch, wenn es:
regelmäßig eingesetzt wird, um Gefühle zu regulieren,
zu Gewichtszunahme oder körperlichem Unwohlsein führt,
mit Scham, Schuld oder Kontrollverlust einhergeht.
🔬 Studien zeigen, dass bis zu 40–60 % der Menschen regelmäßig emotional essen – unabhängig von Gewicht oder Gesundheitszustand (van Strien et al., 2013).
🛤️ Erste Schritte zum Verstehen
Erkenne deine Trigger:
Wann isst du – ohne echten "Magen-Hunger"? Welche Situationen wiederholen sich?
Führe ein Ernährungs- und Emotionsprotokoll:
Notiere 3–5 Tage lang:
Was du gegessen hast
Wie du dich davor und danach gefühlt hast
Ob Hunger oder Emotionen beteiligt waren
Wie dein Essenssetting gewesen ist
Bewerte nicht – beobachte - es gibt kein richtig oder falsch!
Der erste Schritt ist achtsames Erkennen, nicht Verurteilen. Emotionen sind menschlich. Und Essen ist eine lebenslange Begleitung.
🧘♀️ Ausblick: Was dich in Teil 2 erwartet
In der nächsten Folge tauchen wir tiefer ein in die biologischen und psychologischen Grundlagen emotionalen Essverhaltens:
👉 Was hat dein Nervensystem, dein Stresslevel und dein Hormonhaushalt damit zu tun?
💬 Deine nächsten Schritte
Wenn du dich in diesem Beitrag wiedererkennst, bist du nicht allein.
In meiner Praxis begleite ich Menschen dabei, den Kreislauf aus Emotionen und Essen zu verstehen – und zu durchbrechen.
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