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Wenn Emotionen im Bauch landen - Was emotionales Essen mit deinem Darm macht: Eine physiologische und emotionale Betrachtung

Warum wir manchmal essen, obwohl wir keinen Hunger haben

In stressigen oder emotional belastenden Situationen greifen viele Menschen zu Essen, ohne dass echter, körperlicher Hunger besteht. Dieses sogenannte emotionale Essen ist ein weitverbreitetes Phänomen – und mehr als eine bloße „Angewohnheit“. Es ist eine Strategie der Emotionsregulation. Dabei geht es selten um Genuss oder Nährstoffzufuhr, sondern um Entlastung, Ablenkung oder Selbstberuhigung.


Studien zeigen, dass emotionale Esser:innen in stressreichen Phasen vermehrt zu hochkalorischen, fett- oder zuckerreichen Lebensmitteln greifen, unabhängig vom Sättigungsgrad (Macht, 2008; van Strien et al., 2013).

Was dabei oft übersehen wird: Emotionales Essen hat direkte Auswirkungen auf unsere Verdauung und Darmgesundheit – und unser Darm beeinflusst umgekehrt auch unser emotionales Erleben. Die Verbindung zwischen beidem ist eng und tiefgreifend.


Emotionales Essen hat direkte Auswirkungen auf unsere Verdauung und die Darmgesundheit. Mit einer individuellen Ernährungsstrategie kannst du dein Gleichgewicht wieder herstellen.
Emotionales Essen hat direkte Auswirkungen auf unsere Verdauung und die Darmgesundheit. Mit einer individuellen Ernährungsstrategie kannst du dein Gleichgewicht wieder herstellen.


Der Zusammenhang zwischen Emotionen, Stress und Verdauung


Stress als physiologischer Störfaktor

Wenn wir Stress erleben, aktiviert unser Körper das sympathische Nervensystem („Fight or Flight“) – die Verdauung wird nachrangig behandelt:

  • Die Magenentleerung verzögert sich, der Darmtonus verändert sich.

  • Cortisol wird ausgeschüttet – ein Stresshormon, das auf lange Sicht die Darmbarriere schwächen kann.

  • Die vagale Aktivität (Parasympathikus) – die eigentlich die Verdauung unterstützt – wird gehemmt (Bonaz et al., 2013).

Ein gestörter Vagusnerv ist nachweislich mit funktionellen Darmerkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom verbunden (Mayer et al., 2015).


Folgen für die Darmfunktion

  • Veränderte Darmmotilität: führt zu Symptomen wie Verstopfung, Durchfall oder wechselnden Stuhlgewohnheiten.

  • Dysbiose: Stress verändert das Mikrobiom – nützliche Bakterien werden unterdrückt, potenziell entzündungsfördernde Keime gewinnen die Oberhand (Zijlmans et al., 2015).

  • Leaky Gut: Die Darmbarriere wird durch Stressporzesse und Cortisol durchlässiger. Dies kann stille Entzündungen („low-grade inflammation“) und Immunaktivierung begünstigen (Karl et al., 2017).



Emotionales Essen und der Teufelskreis im Darm

Oft entsteht ein belastender Kreislauf:


  1. Psychischer Stress → erhöhtes Cortisol, innere Unruhe

  2. emotionales Essen (meist nährstoffarm, entzündungsfördernd)

  3. Darmbeschwerden (Blähungen, Reizdarm, Völlegefühl)

  4. → neue emotionale Belastung, z. B. durch Scham oder Frust

  5. erneutes emotionales Essen


Diese Schleife ist gut belegt: Studien zeigen, dass stressbedingtes Essverhalten langfristig zur Verschlechterung des Mikrobioms und der Stimmung führen kann – und umgekehrt (Foster et al., 2017; Cryan et al., 2019).

Eine bewusste Ernährungsweise in entspannter Atmosphäre kann deine Darmgesundheit unterstützten.
Eine bewusste Ernährungsweise in entspannter Atmosphäre kann deine Darmgesundheit unterstützten.

Die Rolle des Mikrobioms – mehr als nur „Darmflora“

Das intestinale Mikrobiom beeinflusst über die Produktion von Neurotransmittern (GABA, Serotonin, Dopamin) direkt unser emotionales Erleben. Es kommuniziert über die Darm-Hirn-Achse mit unserem Nervensystem – insbesondere über den Vagusnerv.

  • Mehr als 90 % des körpereigenen Serotonins wird im Darm gebildet – bei einem gestörten Mikrobiom ist diese Synthese beeinträchtigt (Yano et al., 2015).

  • Proinflammatorische Veränderungen im Darm können depressive Symptome verstärken – ein Zusammenhang, der mittlerweile als „psychobiotisch“ bezeichnet wird (Dinan & Cryan, 2017).



Was bedeutet das für die Praxis?

Emotionales Essen ist kein Zeichen von Willensschwäche, sondern ein komplexes neurobiologisches und emotionales Reaktionsmuster. Es betrifft:

  • das autonome Nervensystem,

  • die Stresshormonachse (HPA-Achse),

  • die Zusammensetzung und Funktion deines Mikrobioms,

  • sowie die Darmbarriere und Immunantwort.


Ein gesunder Darm kann helfen, Emotionen besser zu regulieren. Und umgekehrt: Emotionale Stabilität kann den Darm nachhaltig beruhigen.

Erste Impulse für deinen Alltag

  • Beobachte deine Essmuster: Iss du aus Hunger, Gewohnheit oder Gefühl?

  • Reduziere Dauerstress: Atemübungen, Pausen, Bewegung – einfache Reize für deinen Vagusnerv.

  • Iss warm, langsam und regelmäßig: Das unterstützt den Parasympathikus und die Verdauung.

  • Vermeide zu viel Zucker, Alkohol und stark verarbeitete Produkte – sie können das Mikrobiom destabilisieren.



 
 
 

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