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Ernährungsmythos #2: „Kohlenhydrate machen dick“!


Vielleicht kennst du den Gedanken:

„Wenn ich Nudeln, Brot oder Kartoffeln esse, nehme ich sofort zu. Kohlenhydrate sind einfach schlecht.“


Dieser Satz klingt so einleuchtend, dass er sich bei vielen Menschen tief im Kopf verankert hat. Er wird in Diäten, Magazinen, Social Media und manchmal sogar im Freundeskreis ständig wiederholt. Doch die Realität sieht anders aus:


Kohlenhydrate sind nicht die Ursache für Übergewicht – sie sind ein wichtiger Baustein für unsere Gesundheit.

In diesem Beitrag möchte ich erklären, warum Kohlenhydrate wichtig sind, welche Folgen ein dauerhafter Verzicht haben kann und wie wir lernen können, sie wieder ohne Angst zu genießen.



Kohlenhydrate sind unsere wichtigste schnellverfügbare Energiequelle – besonders für Gehirn und Muskeln.
Kohlenhydrate sind unsere wichtigste schnellverfügbare Energiequelle – besonders für Gehirn und Muskeln.



Der Kohlenhydrat-Mythos im Alltag

Viele Menschen starten Diäten, bei denen Kohlenhydrate stark reduziert oder ganz gestrichen werden. Aussagen wie:


  • „Ich esse ab jetzt keine Nudeln mehr.“

  • „Kartoffeln sind tabu.“

  • „Reis nur noch einmal pro Woche.“


…klingen häufig nach Disziplin und gesundem Lebensstil. Anfangs sieht man oft sogar Ergebnisse:


  • die Waage zeigt weniger Gewicht,

  • der Blutzucker schwankt weniger stark,

  • das Gefühl von Kontrolle vermittelt Sicherheit,

  • positives Feedback aus dem Umfeld gibt Bestätigung.


Doch nach einigen Wochen kommt die Realität:


  • Heißhunger auf Brot, Süßes oder Pasta wird stark, besonders abends.

  • Energieverlust im Alltag und bei körperlicher Aktivität. Treppensteigen, Sport oder selbst konzentriertes Arbeiten fällt schwerer.

  • Schwankende Stimmung und Probleme beim Schlafen treten auf.

  • Das Gewicht kehrt zurück – manchmal sogar über das Ausgangsgewicht hinaus.



Das ist kein persönliches Versagen. Es ist die normale Schutzreaktion deines Körpers.




Was passiert im Körper, wenn wir Kohlenhydrate meiden

Kohlenhydrate sind unsere wichtigste Energiequelle – besonders für Gehirn und Muskeln. Werden sie dauerhaft reduziert oder gestrichen, reagiert der Körper mit Anpassungen, um Energie zu sparen.



1. Energieverlust im Alltag und für das Gehirn

Glukose, der Abbauprodukt der Kohlenhydrate, ist der Treibstoff für das Gehirn. Fehlt sie, fühlt man sich müde, antriebslos und unkonzentriert. Konzentration, Gedächtnisleistung und Stimmung leiden. Auch körperliche Leistung fällt schwerer, weil Muskeln nicht ausreichend mit Energie versorgt werden.



2. Mehr Heißhunger

Der Körper fordert, was er nicht bekommt. Wer tagsüber kaum Kohlenhydrate isst, erlebt abends oft heftigen Hunger auf süße oder stärkehaltige Lebensmittel. Das führt zu Essanfällen oder dem ständigen Gedanken „Ich darf das nicht essen“. Ein Kreislauf von "zu wenig" und "zu viel" beginnt.



3. Muskelabbau

Wenn die Energiezufuhr zu gering ist, nutzt der Körper Proteine aus den Muskeln als Ersatzbrennstoff. Weniger Muskeln bedeuten weniger Grundumsatz – also weniger Kalorienverbrauch. Wer abnehmen möchte, riskiert auf diese Weise sogar eine langfristige Stoffwechselverlangsamung.



4. Nährstoffdefizite

Kohlenhydratquellen wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse liefern Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Wer sie streicht, verzichtet auf wertvolle Nährstoffe, die für Verdauung, Immunsystem, Blutdruckregulation und Stoffwechsel wichtig sind.


Eine dauerhafte zu geringe Zufuhr von Kohlenhydraten kann also zu Müdigkeit, schlechter Laune, schlechter Konzentration, Infektanfälligkeit und langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen.
Der Verzicht auf Kohlenhydrate kann Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Reizbarkeit, Kopfschmerzen und Leistungsabfall hervorrufen.
Der Verzicht auf Kohlenhydrate kann Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Reizbarkeit, Kopfschmerzen und Leistungsabfall hervorrufen.

Warum nicht alle Kohlenhydrate gleich sind

Nicht alle Kohlenhydrate wirken gleich im Körper. Es lohnt sich, zwischen kurzkettigen und langkettigenKohlenhydraten zu unterscheiden.





Wirkung








Beispiele

kurzkettige Kohlenhydrate


Blutzucker steigt schnell, fällt aber auch schnell wieder ab → Heißhunger, Energieschwankungen, schlechte Sättigung




Weißmehlprodukte, Süßigkeitkeiten, zuckerhaltige Getränke

langkettige Kohlenhydrate Blutzucker steigt langsamer, Sättigung hält länger an → Energie bleibt stabil, Ballaststoffe fördern eine gesunde Verdauung




Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Hafer, Kartoffeln, Gemüse


Das Problem ist also nicht das Lebensmittel „Kohlenhydrate“ an sich, sondern die Art der Kohlenhydrate, die wir wählen, und wie wir sie kombinieren.



Kohlenhydrate, Hormone und Sättigung

Der Verzicht auf Kohlenhydrate beeinflusst auch Hormone:


  • Insulin: regelt den Blutzucker. Zu wenige Kohlenhydrate können kurzfristig Insulinspitzen verhindern, langfristig jedoch die Blutzuckerregulation stören.

  • Leptin: das Sättigungshormon sinkt bei Hunger → weniger Sättigung.

  • Ghrelin: das Hungerhormon steigt → mehr Appetit und Heißhunger.



Wer Kohlenhydrate dauerhaft meidet, erlebt also hormonelle Veränderungen, die es schwer machen, Gewicht zu halten – trotz strenger Diät.


Der neue Blick: Kohlenhydrate als Energiequelle

Statt Kohlenhydrate zu fürchten, lohnt es sich, umzudenken:

„Welche Kohlenhydrate tun meinem Körper gut und helfen mir, Energie zu haben?“


Drei Grundprinzipien helfen dabei:

1. Vollkorn bevorzugen

  • Vollkornreis, Vollkornnudeln, Vollkornbrot

  • Mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe

  • Stabile Energie und bessere Verdauung



2. Bunt essen

  • Kartoffeln, Quinoa, Haferflocken, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse

  • Unterschiedliche Nährstoffe, stabiler Blutzucker, langfristige Sättigung



3. Kombination macht’s

  • Kohlenhydrate mit Proteinen und gesunden Fetten kombinieren

  • Beispiel: Vollkornbrot mit Hummus und Avocado statt Toast mit Marmelade

  • Effekt: langanhaltende Sättigung, weniger Heißhunger, stabile Energie




Praxisbeispiel: Aus dem Leben einer Klientin


Eine Patientin erzählte mir:

„Ich esse keine Kohlenhydrate mehr, sonst nehme ich sofort zu.“


Wir haben ihre Ernährung Schritt für Schritt angepasst:

  • Vollkornprodukte wieder eingeführt,

  • Hülsenfrüchte regelmäßig integriert,

  • Mahlzeiten ausgewogen mit Proteinen und gesunden Fetten kombiniert.



Nach einigen Wochen passierte Folgendes:

  • Heißhunger auf Süßes verschwand weitgehend,

  • Konzentration und Energie im Alltag verbesserten sich,

  • das Gewicht stabilisierte sich ohne Jo-Jo-Effekt.



Dieses Beispiel zeigt: Nicht das Weglassen von Kohlenhydraten bringt Balance, sondern die richtige Auswahl und Kombination.




Kleine Praxis-Tipps für den Alltag

  1. Starte langsam – statt alles auf einmal zu verbieten, probiere schrittweise gesunde Kohlenhydrate.

  2. Plane Mahlzeiten bewusst – kombiniere Kohlenhydrate mit Proteinen und gesunden Fetten.

  3. Beobachte deinen Körper – wie fühlst du dich nach bestimmten Lebensmitteln? Energie, Sättigung, Stimmung.

  4. Achte auf Vollwertigkeit – je natürlicher das Lebensmittel, desto besser für Blutzucker, Energie und Darm.



Fazit: Zeit, den Mythos loszulassen

Die Vorstellung „Kohlenhydrate machen dick“ ist überholt. Es kommt nicht darauf an, ob, sondern welche Kohlenhydrate wir essen – und wie wir sie kombinieren.


Kohlenhydrate sind keine Feinde, sondern wichtige Energiequellen für:


  • Gehirn

  • Muskeln

  • Stoffwechsel

  • Verdauung

  • Wohlbefinden



Wer lernt, die richtigen Kohlenhydrate bewusst einzusetzen, gewinnt:


  • stabile Energie im Alltag,

  • weniger Heißhunger,

  • gesunde Leistungsfähigkeit,

  • Freude am Essen.



Wenn du merkst, dass alte Diätregeln dich noch blockieren, kann es sehr hilfreich sein, das Thema gemeinsam professionell anzugehen.


💬 In meiner Ernährungstherapie begleite ich dich dabei, Essen wieder als Quelle von Energie, Gesundheit und Lebensfreude zu erleben – statt als ständigen Kampf.



Ebba Wagner, B. Sc. Med. Ernährungswissenschaftlerin & Ernährungsberaterin DGE

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