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Abnehmspritze, Ernährung & Muskelmasse: Was die neuen WHO-Empfehlungen 2025 für dich bedeuten



GLP-1-Medikamente wie Semaglutid (z. B. „Ozempic“, „Wegovy“) oder Tirzepatid (z. B. „Mounjaro“, „Zepbound“) sind aus Social Media, Arztpraxen und Apotheken kaum noch wegzudenken. Die Versprechen: weniger Hunger, deutlicher Gewichtsverlust, gesundheitliche Vorteile.


Gleichzeitig bleiben viele Fragen offen:

Reicht die „Abnehmspritze“ wirklich aus? Was passiert mit deiner Muskelmasse? Und welche Rolle spielt Ernährungstherapie – gerade jetzt, wo die WHO 2025 erstmals globale Leitlinien für GLP-1 bei Adipositas veröffentlicht hat?


In diesem Artikel bekommst du eine evidenzbasierte Einordnung – mit Fokus auf das, was du konkret mit deiner Ernährung beeinflussen kannst.


(Hinweis: In deinem bestehenden Blogartikel „Abnehmspritze: Trend oder Trugschluss? Ein wissenschaftlicher Blick“ findest du eine ausführliche Einführung zu Wirkmechanismus, Studienlage und Nebenwirkungen von Semaglutid. Dieser Beitrag knüpft daran an und ergänzt die neuen WHO-Empfehlungen.)




Kurz erklärt: Was GLP-1-Medikamente (Abnehmspritze) in deinem Körper tun



GLP-1 steht für „Glucagon-like Peptide 1“. Es ist ein Hormon, das vor allem im Darm produziert wird und:


  • deinen Appetit dämpft

  • die Magenentleerung verlangsamt

  • die Insulinfreisetzung fördert und Glukagon hemmt

  • im Gehirn für ein stärkeres Sättigungssignal sorgt



GLP-1-Rezeptoragonisten (wie Semaglutid, Liraglutid) und duale GIP/GLP-1-Agonisten (wie Tirzepatid) verstärken diese Effekte. Das Ergebnis: Du isst weniger, fühlst dich schneller satt, und es fällt dir leichter, ein Energiedefizit zu erreichen.


Große randomisierte Studien zeigen, dass damit im Durchschnitt deutliche Gewichtsverluste möglich sind – häufig im Bereich von etwa 10–15 % des Ausgangsgewichts, in neuen Hochdosis-Studien teilweise auch darüber, wenn Medikation mit Lebensstilmaßnahmen kombiniert wird.


Was diese Medikamente aber nicht können: Für dich entscheiden, was du isst, wie du mit Stress umgehst und ob deine Muskelmasse erhalten bleibt.


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Was die neuen WHO-Leitlinien 2025 zu GLP-1 wirklich sagen



Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Dezember 2025 erstmals eine globale Leitlinie zur Verwendung von GLP-1-Therapien bei Adipositas veröffentlicht. Die Kernaussagen in einfachen Worten:


  • Wer ist gemeint?

    Erwachsene mit Adipositas, also in der Regel mit einem BMI ≥ 30 kg/m². Schwangere sind explizit ausgenommen.


  • Welche Wirkstoffe?

    Die Leitlinie bezieht sich konkret auf drei Substanzen zur Langzeittherapie der Adipositas:

    • Liraglutid

    • Semaglutid

    • Tirzepatid


  • Wie sollen sie eingesetzt werden?

    GLP-1-Therapien werden als Teil einer langfristigen Behandlung empfohlen – immer eingebettet in ein chronisches Versorgungskonzept („chronic care model“), nicht als Kurzzeit-Diät.


  • Kombination mit Lebensstilmaßnahmen ist Pflicht, nicht Kür.

    Die WHO betont, dass Medikamente allein das Problem Adipositas nicht lösen. Empfohlen wird explizit die Kombination mit:

    • gesunder, angepasster Ernährung

    • körperlicher Aktivität

    • intensiver verhaltensorientierter Unterstützung


  • Zugang & Kosten:

    Gleichzeitig weist die WHO darauf hin, dass weltweit bisher nur ein kleiner Teil der Menschen mit Adipositas Zugang zu diesen Medikamenten hat – u. a. durch hohe Kosten, Produktionskapazitäten und Gesundheitssysteme, die noch nicht darauf ausgelegt sind.



Unterm Strich:

Die Leitlinien werten GLP-1-Therapien klar auf – aber sie rücken Ernährungstherapie und Verhaltensänderung noch stärker ins Zentrum, weil ohne sie die Effekte kaum langfristig stabil bleiben.


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Warum die „Abnehmspritze“ ohne Ernährungstherapie zum Bumerang werden kann


1. Muskelmasse: Du verlierst nicht nur Fett


Gewichtsverlust bedeutet nie ausschließlich Fettverlust. Daten aus großen GLP-1-Programmen und neueren Analysen zur Körperzusammensetzung zeigen:


  • Das meiste verlorene Gewicht ist Fettmasse,

  • aber ein Teil entfällt auf fettfreie Masse – also v. a. Muskulatur und etwas Wasser.

  • Der Anteil der fettfreien Masse am Gesamtverlust variiert zwischen Studien, liegt aber oft ungefähr im Bereich von 15–30 % der verlorenen Kilos (bei einigen Kollektiven höher, bei anderen niedriger).



Besonders kritisch wird es, wenn:


  • du zu wenig Protein isst

  • du kaum Krafttraining oder alltagsnahe Bewegung einbaust

  • du bereits mit geringer Muskelmasse, chronischer Erkrankung oder höherem Alter startest



Weniger Muskelmasse bedeutet:


  • niedrigerer Grundumsatz

  • höheres Risiko für den Jo-Jo-Effekt

  • weniger körperliche Leistungsfähigkeit

  • mehr Erschöpfung im Alltag



Ernährungstherapie greift genau hier:


  • individuell angepasste Proteinmenge (typisch z.B. im Bereich von 1,2–1,6 g/kg Körpergewicht, immer eingebettet in die medizinische Gesamtsituation, z. B. Nierenfunktion)

  • strukturierte Mahlzeitenplanung („Protein in jeder Mahlzeit“)

  • alltagspraktische Lösungen, wenn Appetit oder Übelkeit dich ausbremsen




2. Essverhalten & Emotionen: die Abnehmspritze verändert nicht deine Muster


GLP-1 reduziert Hunger – aber:

  • es löst kein emotionales Essen

  • es heilt keinen Stress im Alltag

  • es verändert nicht automatisch deine Denk- und Verhaltensmuster rund ums Essen



Viele Betroffene berichten:

  • „Ich habe weniger körperlichen Hunger – aber bei Stress oder Frust greife ich trotzdem zu.“

  • „Wenn ich aufhöre, das Medikament zu nehmen, kommen alte Muster sehr schnell wieder.“



Hier schließt sich der Kreis zu deinen anderen Blogthemen (z. B. Darm-Hirn-Achse, emotionales Essen, Gewohnheiten):


  • Essverhalten ist biochemisch und emotional gesteuert.

  • GLP-1 adressiert einen Teil der biologischen Ebene – aber nicht Glaubenssätze, Routinen oder deinen Umgang mit Stress.



Eine fundierte Ernährungstherapie hilft dir, genau diese Muster zu erkennen und zu verändern – damit der Effekt nicht endet, sobald die Spritze endet.



3. Darm & Nebenwirkungen: Ernährung entscheidet mit, wie gut du GLP-1 verträgst


Typische Nebenwirkungen von GLP-1-Medikamenten sind:


  • Übelkeit, Erbrechen

  • Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen

  • Verstopfung oder Durchfall

  • Appetitverlust bis hin zu Abneigung gegen bestimmte Lebensmittel


Viele dieser Beschwerden lassen sich durch Ernährung deutlich beeinflussen, zum Beispiel über:


  • kleine, häufige Mahlzeiten statt großer Portionen

  • langsam gesteigerte Ballaststoffzufuhr, angepasst an deine Verdauung

  • angepasste Fettmengen, vor allem in den ersten Wochen

  • ausreichend, aber über den Tag verteilte Trinkmengen

  • Auswahl von Lebensmitteln, die du individuell gut verträgst



Ohne angepasstes Ernährungskonzept ist das Risiko höher, dass du die Therapie abbrichst – nicht, weil sie medizinisch ungeeignet wäre, sondern weil sie sich im Alltag schlecht einbauen lässt.


Ernährung & GLP-1 Medikamente in der Praxis: Drei Phasen in der Beratung


Phase 1: Vor Start der GLP-1-Therapie – Fundament bauen


Bevor eine Therapie mit der Abnehmspritze startet (oder parallel zu Beginn), lohnt sich:


  • eine medizinische und ernährungsbezogene Anamnese

  • das Erfassen deiner aktuellen Ess- und Bewegungsmuster

  • das Formulieren realistischer Ziele:

    nicht nur „–15 kg“, sondern auch Energie, Beschwerdefreiheit, Laborwerte, Schlaf, Stressbelastung


In der Ernährungstherapie geht es in dieser Phase zum Beispiel um:


  • Struktur im Essalltag: regelmäßige Mahlzeiten statt Dauer-Snacking

  • Unterscheidung von Hunger, Appetit und Emotionen

  • erste Veränderungen, die auch ohne Medikation funktionieren



So nutzt du die Abnehmspritze später als Verstärker – nicht als Ersatz für jede Verhaltensänderung.



Phase 2: Unter GLP-1 – Gewicht verlieren, Gesundheit sichern


Hier liegt der Fokus auf drei Säulen:


1. Nährstoff- und Proteinabsicherung


  • Protein in jeder Mahlzeit (z. B. Joghurt, Käse, Quark, Hülsenfrüchte, Tofu, Fisch, Eier, mageres Fleisch)

  • nährstoffdichte Lebensmittel statt „leerer Kalorien“

  • ggf. Laborkontrollen und gezielte Supplementierung (z. B. Vitamin D, Omega-3) – immer in Abstimmung mit der ärztlichen Betreuung



2. Verträglichkeit für Magen & Darm


  • zu Beginn: eher leicht verdauliche, nicht zu fettreiche Mahlzeiten

  • langsamer Aufbau von Ballaststoffen

  • Anpassung von Timing und Portionsgrößen an die verlangsamte Magenentleerung



3. Verhaltens- und Emotionsarbeit


  • Welche Rolle spielt Essen bei Stress, Müdigkeit, Frust – auch wenn der körperliche Hunger reduziert ist?

  • Wie bleibst du flexibel, ohne in „Alles-oder-nichts“-Denken zu rutschen?

  • Welche Routinen sollen später auch ohne Medikation tragfähig sein?



Phase 3: Stabilisierung & möglicher Ausstieg – das neue Normal


Spätestens wenn:


  • dein Gewicht sich stabilisiert oder

  • eine Dosisreduktion oder ein Absetzen im Raum steht,


braucht es einen klaren Plan.


In der Praxis bedeutet das zum Beispiel:


  • Fokuswechsel von „Abnehmen“ auf Gewichtsstabilisierung

  • definierte Gewichtsbereiche, in denen du aktiv gegensteuerst (z. B. ab +3 kg)

  • Überprüfung: Welche Gewohnheiten funktionieren unabhängig vom Medikament – und welche müssen wir noch robuster machen?



Ziel ist nicht, „von heute auf morgen“ allein gelassen zu werden, sondern ein geplantes Management einer chronischen Erkrankung – mit Ernährung als stabiler Basis.



Typische Fehler bei GLP-1 & Ernährung



  1. „Ich esse einfach so wenig wie möglich.“

    Kurzfristig sinkt das Gewicht, gleichzeitig verlierst du überproportional Muskelmasse und Leistungsfähigkeit. Langfristig steigt das Jo-Jo-Risiko.

  2. Nur „Fast-Food light“ statt echter Ernährungsumstellung.

    Weniger Kalorien, aber weiterhin nährstoffarme, ultraverarbeitete Lebensmittel – das reicht selten, um Gesundheit, Darm und Hormonbalance zu stabilisieren.

  3. Kein Blick auf Schlaf & Stress.

    GLP-1 kann Hunger dämpfen, aber es ersetzt keinen erholsamen Schlaf und kein Stressmanagement – beides beeinflusst deine Hungerhormone und dein Essverhalten massiv.

  4. Therapie ohne interdisziplinäres Team.

    Wenn alles an einer Spritze hängt und Ernährungstherapie, Bewegung und ggf. psychologische Begleitung außen vor bleiben, wird es teuer, instabil – und frustrierend.





Für wen ist eine Ernährungsberatung besonders sinnvoll – mit oder ohne Abnehmspritze?



Eine ernährungstherapeutische Begleitung ist besonders wertvoll, wenn du:


  • eine GLP-1-Therapie planst und unsicher bist, ob sie zu dir passt

  • bereits in einer GLP-1-Therapie bist und


    • unter Nebenwirkungen leidest

    • trotz Gewichtsverlust müde, schwach oder „ausgelaugt“ bist

    • Angst vor Gewichtszunahme nach dem Absetzen hast


  • bisher ohne Medikation versuchst, Gewicht und Gesundheit zu verbessern – und dir eine strukturierte, medizinisch fundierte Unterstützung wünschst



In der Ernährungspraxis Wagner in Lübeck arbeite ich kassenzertifiziert – je nach Krankenkasse sind Zuschüsse bis zu 100 % möglich. Die Beratung kann vor Ort in Lübeck oder online stattfinden.



FAQ: GLP-1, WHO-Leitlinien & Ernährung – kurz beantwortet



Was empfehlen die WHO-Leitlinien 2025 zu GLP-1?


Die WHO empfiehlt bestimmte GLP-1- und GIP/GLP-1-Therapien (Liraglutid, Semaglutid, Tirzepatid) zur Langzeitbehandlung von Erwachsenen mit Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²)immer in Kombination mit gesunder Ernährung, körperlicher Aktivität und intensiver Verhaltenstherapie. Medikamente allein gelten ausdrücklich nicht als ausreichende Therapie.



Wie stark kann ich mit GLP-1 abnehmen?

In großen Studien liegt der durchschnittliche Gewichtsverlust unter GLP-1-Therapie häufig im Bereich von rund 10–15 % des Ausgangsgewichts, zum Teil auch höher – vorausgesetzt, die Medikamente werden mit Veränderungen in Ernährung und Bewegung kombiniert. Wie viel du persönlich abnimmst, hängt von deinem Ausgangsgewicht, deiner Ernährung, deiner körperlichen Aktivität, Begleiterkrankungen und der Dauer der Therapie ab.



Was passiert, wenn ich GLP-1 absetze?

Nach dem Absetzen von GLP-1-Medikamenten nehmen viele Menschen wieder zu – oft einen erheblichen Teil des verlorenen Gewichts. Das Risiko für diesen „Rebound“ ist deutlich höher, wenn während der Behandlung keine stabilen Ernährungs- und Bewegungsroutinen aufgebaut wurden. Eine parallel laufende Ernährungstherapie hilft, Gewohnheiten zu entwickeln, die auch ohne Medikation tragfähig bleiben.



Lohnt sich Ernährungsberatung, wenn ich (noch) kein GLP-1 bekomme?

Ja. Ernährungstherapie ist eine eigenständige, wirksame Behandlungsoption – insbesondere bei Adipositas, metabolischen Risikofaktoren, Darmbeschwerden, emotionalem Essen oder Essstörungen. Wenn später eine GLP-1-Therapie hinzukommt, startest du mit einem klaren Vorteil: Du hast bereits Struktur im Essalltag, mehr Wissen über deinen Körper und erste stabile Gewohnheiten.




Fazit: GLP-1 verändert die Therapie – Ernährung bleibt dein stärkster Hebel

GLP-1-Medikamente sind ein mächtiges Werkzeug in der Adipositastherapie. Die neuen WHO-Empfehlungen machen deutlich:


  • Adipositas ist eine chronische, rückfallgefährdete Erkrankung.

  • GLP-1 kann helfen – langfristig, aber nur im Rahmen eines ganzheitlichen Versorgungskonzepts.

  • Ernährungsberatung und -therapie bleiben zentrale Bausteine, um Gesundheit, Muskelmasse, Wohlbefinden und Essverhalten langfristig zu stabilisieren.



Wenn du:


  • eine GLP-1-Therapie planst,

  • bereits mittendrin bist oder

  • nach dem Absetzen Stabilität suchst,



kann eine individuell abgestimmte, evidenzbasierte Ernährungsberatung dir helfen, aus einem kurzfristigen Trend eine nachhaltige Veränderung zu machen.



Ebba Wagner,

B. Sc. Med. Ernährungswissenschaftlerin & Ernährungsberaterin DGE

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